Tuesday, July 14, 2015

Alaska - Schiffslogbuch Pacific Princess




Day 1

Wetter nachmittags sonnig mit Wolken, als wir losfahren leichter Nieselregen
Startpunkt Whittier, erreicht man mit Bus oder Zug (empfehlenswert aber teurer) von Anchorage aus. Weiß nicht, ob man Whittier ernsthaft als Stadt bezeichnen kann. Verzweifelte Suche nach WiFi bevor es in die Funkstille geht.
Route von Whittier durch Prince William Sound
Seegang ruhig

Notfallübung mit Schwimmwesten, bei einem extrem lauten Signal von 7 kurzen und einem langen Ton alle Mann in die vorgeschriebenen Sicherheitsbereiche
Um 21 Uhr abends ist Abfahrt, mit zwei lauten Tuuuut Tuuut verlassen wir den Hafen von Whittier.
Walsichtung
Es wird nicht wirklich dunkel:
Sunrise 4:34 am
Sunset 11:25 pm


Day 2

Wetter stark bewölkt, Nieselregen
Route übers offene Meer des Golf von Alaska Richtung Cape Hinchinbrook, Yakutat Bay, Hubbard Glacier
Seegang etwas stärker, keine Übelkeit, aber im engen Bad ohne Fenster leicht mulmiges Gefühl. Was bin ich froh, dass ich das teurere OceanView Zimmer genommen hab!

Um 6 Uhr hellwach, warten bis Fitnesscenter öffnet.
Fitnesscenter crowded
Sehr interessanter Vortrag von Jeff Schultz, einem der bekanntesten Fotografen in Alaska, der Landschaften und Schlittenhunde fotografiert. Er spricht über sein Leben und gibt Tipps wie man gute Fotos macht. Spannend! Wieder einmal denke ich mir, dass die Nachkriegsgeneration, also die der heute um die 60 jährigen doch irgendwie echt das beste von allem abgestaubt haben. Wie ein Hipster aussehen mit langem Haar und Bart ohne einer zu sein, Flugzeugabsturz überlebt, unzählige Abenteuer im Schnee, alles vor dem digitalen Zeitalter und heute aber trotzdem ein iPhone haben und als Profi zugeben, dass das auch gute Fotos macht. Was ich auch interessant fand, war, dass er genau erklärt hat wie er ein Motiv komponiert. Ich dachte immer, einen guten Fotografen macht vor allem ein gutes Auge und ein gutes Timing aus. Zur rechten Zeit am rechten Ort sozusagen. Aber er erklärt wie er tagelang nach der richtigen Einstellung und Perspektive für ein Motiv mit Hütte und Mount Kinley sucht, das perfekte Wetter abwartet und dann einen Musher mit Schlittenhunden mietet, damit er sich perfekt positioniert für das Foto. Das verkauft er dann an Zeitschriften oder es wird als Postkarte gedruckt. Macht ja irgendwie auch Sinn, dass ein Fotograf sein Kunstwerk wie ein Maler inszeniert. Ich habe übrigens beschlossen, mich, wenn ich wieder zurück bin, mehr mit dem Fotografieren zu beschäftigen. Ich fand das immer ein bisschen überflüssig und habe die Leute mit ihren super Kameras belächelt und mich gefragt, wer die Millionen Fotos dann bitte anschauen soll. Aber durch diese Reise und vielleicht auch durch den Blog habe ich irgendwie Gefallen daran gefunden.
Nachmittags Yakutat Bay mit Hubbard Glacier
Abends beim Yoga Anfall von Seekrankheit. Ohne Spucken. Abend mit geschlossenen Augen in Kabine liegend verbracht. Also richtig seekrank zu werden ist glaub ich echt ein Alptraum. Man kann ja schlecht sagen, lasst mich bitte runter vom Schiff, wenn man mitten auf dem Pazifik ist.
Nachts von 2-4 Uhr 'Gone Girl' im Fernsehen angeschaut.

Day 3

Wetter bisschen Sonne und Wolken
Route Glacier Bay, Margerie Glacier und Grand Pacific Glacier, John Hopkins Glacier, Lamplugh Glacier
Seegang in der Bucht sehr ruhig

Wegen unguter Nacht bis 9 Uhr morgens geschlafen. Übelkeit weg.
Vortrag eines Park Rangers des Nationalparks Glacier Bay
Glacier Bay: Das Geräusch von knackendem, krachendem Eis, die hellblaue Farbe des Eises, ins Wasser fallende Teile von Eis... Glacier at its best. Majestätisch! Wenn ich nicht eh schon längst wüsste, dass ich klein, doof und belanglos bin und die Natur riesengroß und in einem steten, unendlichen Fluss ist, dann wüsste ich es spätestens jetzt. Die wirklich coolen Dinge passieren ganz ohne unser menschliches Zutun, oder sagen wir mal trotzdem. So ein Gletscher ist wie eine Zeitreise und macht einem klar, wie die Welt entstanden ist, wie die Landschaft geformt wurde und dass sich alles ständig verändert. Die gesamte Glacier Bay, auf deren Wasser wir gerade fahren, wurde ursprünglich durch einen Gletscher geformt. Ich dachte immer, das ins Wasser fallende Eis ist ein Zeichen für 'schmelzende Polkappen' ect... Es ist aber der vollkommen natürliche Prozess eines sich in Bewegung befindlichen Gletschers, der von oben nachdrückt. Das im Zuge des Klimawandels die Gletscher trotzdem natürlich weltweit extrem zurück gehen, sieht man an alten Vergleichsaufnahmen. 

Nur bewaffnet mit dem iPhone, beneide ich jetzt allerdings doch die Leute mit den richtigen Kameras, großen Objektiven und den Ferngläsern.
Beim Abendessen einige Wale gesichtet.

Day 4

Route Aufenthalt in Skagway, dann über Haines, Lynn Canal, vorbei am Eldred Rock Lighthouse und Point Retreat
Wetter Wolken und ab und zu Sonne
Seegang nicht der Rede wert in der Bucht

Das erste Mal seit zweiundhalb Tagen Festland unter den Füßen. Und das sogenannte Fest-land schwankt gefühlt. Während ich an Board des schicken Kreuzfahrtsschiffs style-technisch wirke wie eine Aussätzige, sehe ich in meinem runtergerockten Vliespulli, der immer gleichen Wanderhose, den schmutzigen Turnschuhen, dem ungeschminkten, bäuerlichen Gesicht und den vom Wind zerzausten Haaren auf dem alaskischen Festland aus, als wäre ich hier 'born and raised'. Die Männer haben viel Hornhaut an den Händen, auch die Frauen wirken als könnten sie wirklich mit anpacken. Einen alten Chevrolet habe ich gesehen mit einem Barbie-Einhorn vorne auf der Motorhaube.
Früh morgens geht der gebuchte Zug 1000 Höhenmeter hinauf zum White Pass. Skagway ist eine alte Goldgräberstadt und die Eisenbahn folgt der Route, die früher die armen Mienenarbeiter laufen mussten. Sie geht bis rüber nach Kanada. Deswegen darf man oben angekommen auch nicht aussteigen, weil man dann durch den Zoll müsste ect.
Die Route ist sehr malerisch, das Wetter weniger. Immer wieder fährt der Zug über wenig vertrauenserweckende Brückenkonstruktionen und durch dunkle Tunnel. Oben ist ein See. Die gesamte Strecke (circa 3,5 h retour) wird durch Wald und wunderschöne lilafarbene Lupinen gesäumt. Das Vergnügen kostet 119 USD wenn man übers Internet bucht, 129 USD über die Kreuzfahrt, dann ist allerdings noch ein Transport vom Dock zum Bahnhof dabei (circa 1 km). Schon teuer für ne Bahnfahrt, aber ist schon auch ein Erlebnis.
Nachmittags Skagway erkundet. Geht schnell, da aus mehr oder weniger einer Straße bestehend, genannt Broadway. Ist ziemlich herausgeputzt wie eine Filmkulisse aus dem wilden Westen. Es gibt Juweliere und Andenkenshops. Mir tun diese abgelegenen, 100% auf Tourismus ausgelegten Ortschaften ja immer ein bisschen leid. Skagway wird praktisch von den riesigen Kreuzfahrtschiffen im Hafen erschlagen. Wenn man die 'Disney Wonders' umwerfen würde, wäre darunter halt einfach mal die gesamte Stadt begraben. Das muss für die Einwohner sein, als würden sie jeden Nachmittag im Hofbräuhaus wohnen. Kein Entrinnen.

Die abendliche Weiterfahrt wird wieder von einem Wildlife Expert von der Brücke aus kommentiert. Der sieht immer mehr Wale als ich! Und ich bin immer zu langsam mit der Kamera!

Es gibt zusätzlich zum Fressen-all-inclusive, das man automatisch bucht, auch eine Option Alkohol-all-inclusive (circa 40 Dollar/Tag). Die bekommt den Leuten eindeutig nicht. Ab 21 Uhr in den Fahrstühlen rülpsende Männer (excuuuuse me) und kichernde Frauen, die in ihren ärmellosen Abendroben an Deck stolpern um nach Walen zu schauen und dabei nicht frieren. Klares Zeichen von Analgesie durch Alkohol, denn an Deck ist es echt saukalt und noch dazu windig.


Day 5

Wetter laut täglich neu ausgegebenem 'Pacific Patter', so ner Art Boardzeitung, ist es heute light cloudy. Ich würd sagen heavy cloudy and pouring rain.
Route Vormittag in Juneau, nachmittags dann weiter durch den Gastineau Channel, durch die Stephens Passage in die Frederick Sound.
Seegang null.

Juneau war komplett verregnet. Ist überraschenderweise die Hauptstadt von Alaska. Ein nettes Mädchen und ihr Vater haben in der Stadt Brezen verkauft. Man konnte wählen ob mit Käsesauce oder Salted Caramel-Sauce. Habe zwei ohne alles genommen und die 7 Dollar mit Kreditkarte gezahlt. Das war schon das zweite Mal, dass jemand so ein kleines Dreieck hatte, das man einfach an ein iPhone anschließen kann und damit Kreditkarten lesen kann. Man unterschreibt dann mit dem Finger auf dem iPhone. Kostet laut dem Brezenbäcker um die 40 Dollar. Find ich cool.

Eine Stunde vor Abfahrt kam dann noch Libby Riddles an Board. Sie ist eine echte Berühmtheit in Alaska, weil sie die erste Frau ist, die das legendäre Iditarod Sled Dog Race gewonnen hat. Das war 1985. Sie kam mit 16 ganz allein, nachdem sie ich glaube in Minnesota die Schule abgeschlossen hatte, nach Alaska. Die erste Zeit lebte sie in einem Zelt und hatte kein Geld. Sie wäre mehrfach beinahe gestorben bei ihren verschiedenen Schlittenabenteuern. Sie liebt ihre Hunde, hat immer noch 40 Huskies und andere, die sie selbst züchtet und aufzieht. Einen davon, namens Beauty hatte sie sogar dabei an Board. Sie ist einer dieser Menschen, die, auch wenn man nicht wüsste, dass sie besonderes geleistet hat, einen irgendwie faszinieren. Sie sieht selbst ein bisschen wie ein Huskie aus mit stahlblauen Augen. Und irgendwie so ner Mischung aus Wildheit und Ruhe im Blick. Ich habe sie gefragt, woher sie wusste, dass sie nach Alaska wollte und noch dazu in so jungen Alter. Sie hat gesagt, sie wusste es einfach. Na toll, diese Menschen mit besonderen Biographien haben doch irgendwie immer einen inneren Kompass, der uns Normalos oder zumindest mir fehlt.

Gemütlicher Nachmittag mit chillout Musik und Tee und Kuchen und Bettdecke in der Kabine. Draußen Nieselregen.
Abends von 19-21 Uhr circa 30 Wale (und wenn ich 30 sage meine ich wirklich mindestens 30), leider sieht man sie auf den Fotos nicht schön. Weil iPhone, kein Zoom, relativ weit weg, immer überraschend auftauchend, mal 10 hintereinander dann wieder 1 Stunde keiner.
Abends David Klinkenberg, Geiger. Ja, ganz nett. Hinterlegt mit nem Schlagzeug-Beat und ein paar Klavierakkorden durch die Schiffsband klingt  das Ganze ein bisschen nach André Rieu.

Day 6

Route nachts von Frederick Sound nach Chatham Strait, um das Cape Devision in die Sumner Strait und durch die Snow Passage in die Clarence Strait nach Ketchikan. Danach Richtung Süden durch den Revillagigedo Channel und über die kanadische Grenze am Triple Island Lighthouse.
Wetter Regen Wolken bisschen Sonne

Ketchikan liegt auf einer eigenen Insel, Revilkagigedo Island.
Kurze aber schöne Wanderung durch Regenwald mit Ausblick auf den Hafen.
Die Stadt ist bekannt für ihre Lachse, die den Fluss hoch wandern.  Insgesamt ist für mich ganz klar: bei einer Alaska-Reise geht es nicht um die Städte. Es ist ganz nett an Land zu gehen. Manche kommen mit voll gepackten Einkaufstüten zurück an Board. Aber wenn es nach mir ginge könnten wir auch einfach gleich weiterfahren, wenn wir das Schiff wieder mit frischem Obst und Fisch beladen haben. Denn oft fährt man nur nachts und das ist fast schade, dann verpasst man diese schönen, beruhigenden, langen Tage an Deck, eingewickelt in eine Decke und eine winddichte Jacke, lesend oder träumend oder aufs Meer schauend und Wale beobachtend oder schlafend. Mal mit Musik auf den Ohren, mal mit dem Kommentar des Wildlife Experten von der Brücke, mal nur mit dem Meeressoundtrack.
Abends Versuch der Reiseplanung ohne Internet, wie hat man das 1993 gemacht?


Day 7
Route Queen Charlotte Sound, Pine Island Lighthouse, Queen Charlotte Strait, Robson Bight, Seymour Narrows, Strait of Georgia
Wetter Sonne und Wolken und merklich wärmer je weiter südlich wir kommen, der Wind ist vor allem viel wärmer.
Seegang ok, hab mich echt dran gewöhnt.

Vormittags super Vorstellung der Küche an Board. Über 150 Mitarbeiter. Showkochen. Führung durch die Küche. Obst- und Gemüse-Kunstschnitzen von zwei Köchen von den Philippinen, die seit einem halben Jahr auf See sind und nicht zu Hause waren (einer zwei, der andere drei Kinder). Schon krass wieviel Personal so ein Schiff verschlingt. Und die meisten davon bekommt ja garnicht zu Gesicht.
Nachmittags Reise-Recherche auf Deck. Grüner Tee, Decke, Reiseführer, Sonnenbrille, Liegestuhl im Windschatten... Meer und Licht... so schön kann das Leben sein. Zwischendurch versuchen, Fotos und Videos von Delphinen zu machen, die allesamt nichts werden.
Emails vorbereiten. Wenn ich dann mal wieder Wi-Fi habe, gibt es einiges zu tun. 
Packen #38
Eine letzte Nacht an Bord der Pacific Princess.


Day 8
Point Atkinson, Burrard Inlet, morgens Ankunft in Vancouver
Frühstück auf dem Aussendeck mit Blick auf die Skyline.
Militärisch organisierte disembarkation.

... und für mich geht's direkt zum Flughafen... und eine neue Reise beginnt ...


Teresa

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