Tuesday, August 18, 2015

Kapstadt - wo die Zitronen blühen, hinter Stacheldraht





Kapstadt ist nichts anderes als wunderschön.

Dennoch ist irgendwas hier anders. Es ist ein mulmiges Gefühl, wenn man durch die Straßen geht. Woran liegt das? Ich glaube es ist zum einen natürlich das Image, das Kapstadt und Südafrika hat und das in unseren Köpfen steckt. Kapstadt ist gefährlich. Rassenproblematik. Arm und reich. Schwarz und weiß.

Ich möchte betonen, dass ich hier nur meine persönlichen Eindrücke schildere. Die Eindrücke einer Frau, deren Leben in Europa aus nichts anderem als Zuckerschlecken besteht, die nicht nur ein (zwar kaputtes) iPhone, sondern auch ein iPad und einen iMac besitzt und die zum ersten Mal in Kapstadt und überhaupt zum ersten Mal in Afrika ist.
Ich komme mit weißer Haut, blondem Haar und einer unsäglichen historischen Schuld meiner weißen Rasse in eine Stadt, in der naturgemäß sehr viele schwarze Menschen leben.

Nehmen wir zum Beispiel New York. Die dicken schwarzen Mamas tun einem nix und die dank amerikanischer Fastfood Kultur ebenso dicken schwarzen Typen in den Aussenvierteln sind zwar sicher alles andere als ungefährlich, aber sie wirken doch oft wie eine Karikatur ihrer selbst mit ihren Goldketten und ihrem proletigen Gerede. Die Schwarzen in Kapstadt sind anders. Sie sind groß, schlank und drahtig. Eines ist sicher, im Falle des Falles hat man beim Wettrennen keine Chance. Und sie lächeln auch nicht und sagen auch nicht 'I wish you a wonderful day, darling'. Sondern sie sagen garnichts. Und ich weiß nicht, woran es liegt, wenn einer in leicht heruntergekommener Lederjacke und Jogginghose wortlos an einem vorbei über die Straße geht und sich in die Tasche greift, startet in meinem Kopf ein Film. Dabei passiert doch garnichts. Alles nur im Kopf. Das 'Schlimmste' in vier Tagen Kapstadt war eine sehr penetrant bettelnde Mutter von vier Kindern am Hauptbahnhof, die man nicht mehr losgeworden ist. Ich habe ihr 20 Rand gegeben. Für mich nicht viel mehr als ein Euro, so wie die Familie aussah, reicht das aber vielleicht für ein paar Tage. 

Ich glaube, zumindest eine Teilschuld an diesen Vorurteilen tragen wie so oft die Medien. Was sieht man im Fernsehen über Afrika? Tierfilme, Hungersnöte, Gewalt auf den Straßen. An jedem Haus ist Stacheldraht, sind Überwachungskameras und Wachmänner postiert. Auf dem Weg vom Flughafen und auch auf der anderen Seite des Tafelberg sieht man sie, die informal housing areas oder auch Townships. Es gibt auch diverse geführte Touren, sogar sogenannte 'Township-Fototouren'. Ja, so ein traurig guckendes schwarzes Kind vor einer Wellblechhütte ist schon irgendwie fotogen. Ein Teil in mir würde sich gerne dort mal umsehen. Aber ich gehe nicht in den Tier-Zoo und schon garnicht in den Menschen-Zoo. Vielleicht ist das Ganze aber auch positiv, schließlich kommen wohl die Einnahmen zum Teil den Bewohnern der Viertel zu Gute. Ich weiß es nicht.

Und an einem Sonntag in Kapstadt arbeiten die Schwarzen als Parkwächter, Taxifahrer, Klofrau oder Portier. Die Weißen sitzen im Café und bräunen sich ihre weißen Nasen in der Wintersonne. Ich hab mal genau in einem großen Wirtshaus in der Waterfront geschaut. Bestimmt an die 150 Gäste, grob gerechnet. Kein einziger Schwarzer. Und kein einziger weißer Kellner.

Ich weiß nicht, ob ich diese doch zumindest weitestgehend gewaltlose Revolution wie Nelson Mandela sie propagiert hat gekonnt hätte, wenn meinesgleichen Jahrhunderte lang wie Tiere oder eigentlich schlimmer noch, wie Scheisse behandelt worden wären. 

Ich glaube, man muss den Schwarzen Menschen wirklich mehr als dankbar sein, dass sie stark genug sind, sich für die Vergangenheit nicht im großen Stile rächen. Und vielleicht kommt daher auch dieses mulmige Gefühl. Weil da diese dunkle Ahnung ist, dass, wäre die ganze Geschichte anders herum, wir so schwach wären, um genau das zu tun. 

Teresa





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Zwei empfehlenswerte Museen


Museum of District 6


Slave Lodge, jeweils 30 Rand Eintritt pro Person
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